Otto Ineichen war ein Visionär und Vollblutunternehmer
Otto Ineichen starb am 6. Juni 2012, nur zwei Tage vor seinem 71. Geburtstag überraschend und viel zu früh. Heute sind elf Jahre vergangen, seit seinem Tod und die Schweiz hat mit ihm eine ganz grosse Persönlichkeit verloren. Otto Ineichen war seit 2003 Nationalrat des Kantons Luzern. Er rief Projekte wie Speranza ins Leben, mit welchen er vielen Jugendlichen eine berufliche Perspektive eröffnete. Nur wenige Wochen vor seinem plötzlichen Tod, im April 2012, begann mit der Eröffnung der ersten Krippe sein neustes Projekt Sperantino.
Die Vision von Otto Ineichen war es, hundert «Billigkrippen» für einkommensschwächere Familien zu eröffnen. Doch nur vier Monate nach seinem Tod, wurde sein Vermächtnis gestutzt und es blieb bei der ersten und einzigen Krippe. Zwei Jahre nach seinem Tod hat sein Sohn und Nachfolger Mark Ineichen verkündet, dass die Stiftung Speranza im Juli 2015 aufgelöst wird.
In einem Bericht der Luzerner Zeitung wird Mark Ineichen zitiert: «Die Stiftung hat einerseits ihren Zweck erfüllt und andererseits hat die Stiftung hauptsächlich von den guten Kontakten meines Vaters als Nationalrat gelebt». Inzwischen seien viele neue staatliche Angebote für arbeitslose Jugendliche hinzugekommen, die das gleiche Ziel verfolgten. Ausserdem habe sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt verändert. Heute suche man qualifizierte Lehrlinge, früher seien Lehrstellen gesucht worden, so Ineichen weiter.
Der Grundgedanke von Otto Ineichen soll aber trotzdem weitergeführt werden. Man wolle eine neue Stiftung mit dem Namen «Ineichen Foundation» gründen, die sich für Bedürftige einsetzt
Der Mensch hat stets mehr gezählt als der Profit
Bekannt wurde Otto Ineichen mit seiner 1978 gegründeten Warenhauskette Otto’s. Seine bewegte Geschichte als Mensch und Unternehmer begann aber elf Jahre zuvor. Zusammen mit seinem Bruder Ruedi gründete er 1967 die Viaca AG in Geuensee, einen Betrieb der Fleischwarenbranche. 1977 stand die Firma vor dem Aus und musste zum Nulltarif veräussert werden. Otto Ineichen verlor sein gesamtes Vermögen. Doch Otto Ineichen stand auf und sagte: «Jetzt erst recht!»
Die weitere Entwicklung von Otto’s
In seinen Läden, welche ursprünglich Otto’s Schadenposten und später Otto’s Warenposten hiessen, verkaufte er Waren, die er aus Restposten anderer Firmen erwarb. Das Unternehmen mit Filialen in der ganzen Schweiz beschäftigte bei seinem Tod rund 700 Mitarbeiter. Bereits im Jahr 2001 übergab Otto Ineichen die operative Leitung seinem Sohn Mark und im Jahr 2008 die strategische Leitung.
Das private Vermögen wurde bei seinem Tod auf um die 15 Millionen Franken geschätzt. Doch Otto Ineichen hat zeitlebens mehr gegeben als genommen. 2003 wurde der Quereinsteiger Otto Ineichen mit einem Spitzenresultat von den Luzerner Stimmberechtigten in den Nationalrat gewählt. 2007 und 2011 konnte er gar als Bestgewählter seinen Sitz verteidigen. Er verstand es exzellent, über Parteigrenzen hinaus als Brückenbauer zu fungieren und für seine humanitären Anliegen mit Erfolg zu weibeln. Mit Speranza gelang es ihm innert sechs Jahren über 10’000 Ausbildungsplätze für schulisch schwache Jugendliche zu schaffen! Bei allem Verständnis für seine Söhne, doch wäre noch am Leben, würden wohl noch immer hunderte oder tausende Bedürftige von seinem grossen und spendablem Herzen profitieren.
Hinter dem Namen OTTO’S steht eine traditionsreiche Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in Sursee. Zur OTTO’S Gruppe gehören inzwischen ein Netz von über 140 Filialen und 2’600 Mitarbeitende. Im dauerhaften finden sich 80’000 Artikel. Im Jahre 2021 haben die Marktforscher von GfK die umsatzstärksten Detailhändler in der Schweiz des Jahres 2020 ausgewertet. Im Ranking auf Platz 10 liegt Otto’s mit 842 Millionen Franken Umsatz und einem Wachstum von 4,2 Prozent. Den Gründer Otto Ineichen hätte es gefreut. Aldi und Lidl wurden übrigens nicht ausgewertet, weil die beiden Discounter keine Umsatzangaben öffentlich machen. Zusammen dürften die beiden rund 4 Milliarden Franken Umsatz erzielt haben.